Gespielt wie Flasche leer? Oder der Ronaldo aus Recklinghausen? KI hilft auch dem Amateurtrainer.

Interview mit soccerwatch.tv CTO Marvin Baudewig

Über soccerwatch.tv

soccerwatch.tv revolutioniert seit 2017 den Amateurfußball. Mithilfe einer digitalen, KI gestützten Kameratechnik werden Spiele der Amateurligen aufgezeichnet und übertragen. Eine Geschäftsidee, die funktioniert – das zeigen Anfragen von über 1.500 Fußballvereinen und aus anderen Sportarten wie Eishockey oder Reiten. Oder die Kooperation mit der DFB GmbH, die es dem Essener Startup ermöglicht, die Spieldaten der Amateurligen in Deutschland zu nutzen. Hinzu kommt ein DFB-Vertrag für die Übertragungsrechte der 2. Frauenfußball-Bundesliga. soccerwatch.tv hat im Frühjahr eine optimierte Generation des Kamerasystems vorgestellt und ein neues Trainertool auf den Markt gebracht. Mit dem automatisierten, auf KI basierenden System heißt es: trainieren und analysieren wie die Profis.

Das Interview

adesso:

Das Trainertool ist aktuell in der Beta-Version auf dem Markt. Wie läuft die Testphase und wie viele Vereine nutzen es bereits?

Baudewig:

Wir bekommen sehr gutes Feedback zum Trainertool und konnten bis jetzt knapp 170 Vereine gewinnen.

adesso:

KI-gestützte Spielanalyse – wie funktioniert das?

Baudewig:

Mithilfe unseres 180°-Panoramas haben wir das gesamte Spielfeld immer im Blick. Das bedeutet auch, dass wir jeden einzelnen Spieler permanent verfolgen und seine Bewegungen auswerten können. Künstliche Intelligenz übernimmt hierbei das Tracking der Spieler und des Balls und erstellt Vorschläge für die relevanten Ereignisse wie Tore, Fouls und Anstöße. Diese Informationen werden den Mannschaften im Trainertool bereitgestellt, sodass sie schnell Zugriff auf die interessanten Situationen haben. Aktuell arbeiten wir daran, noch mehr Informationen automatisiert aus dem Bild zu ziehen. So bieten wir Mannschaften detaillierte Informationen über Parameter wie Laufwege, Geschwindigkeit, Ballbesitz oder Passgenauigkeit an. Alles ohne zusätzliche Hardware.

adesso:

Was kann das Tool und welche Vorteile hat eine Mannschaft durch die Nutzung?

Baudewig:

Ein Trainer hat Zugriff auf unser Archiv an Spielsituationen, die wir für seine Mannschaft gesammelt haben. Damit kann er sofort alle wichtigen Aktionen des letzten Spieles ansehen und in eigenen Videos zusammenfügen. Das alles ist sehr einfach direkt in dem Tool zu handhaben. Diese Videos lassen sich dann sofort mit der Mannschaft per Link teilen. Wer noch einen Schritt weiter gehen möchte, kann direkt auf der erstellten Zusammenfassung eigene Zeichnungen und Annotationen hinzufügen.

adesso:

Wie sieht der weitere Roll-out aus? Ist eine Weiterentwicklung geplant?

Baudewig:

Wir arbeiten aktuell an der nächsten Version des Tools, die eine verbesserte Nutzererfahrung und mehr Möglichkeiten zur Kommentierung der Spielszenen bietet.

adesso:

Wie sieht eine KI eigentlich Fußball? Also wie wurde sie trainiert, um sie fit für die Übertragungen zu machen?

Baudewig:

Damit eine KI lernt, Fußball zu schauen und dem Spielgeschehen zu folgen, mussten wir zuerst mehrere hundert Spielepanoramen aufzeichnen und die Kameraführung händisch übernehmen. Im Anschluss trainierten wir die KI mit dem Panorama und dem gewählten Bildausschnitt. Die KI hat in diesem Prozess gelernt, das Spielfeld, die Zuschauer und die Spieler zu erkennen. Und das, ohne dass wir ihr diese Informationen gegeben hatten.

adesso:

Welche Rolle spielt KI in eurem Geschäft? Baudewig: Bei soccerwatch.tv konzentrieren wir uns auf die breite Basis des Amateursports. Das bedeutet, dass wir nicht nur einige ausgewählte Spiele pro Wochenende übertragen, sondern bereits jetzt hunderte. Egal ob Kameraführung, Situationserkennung oder die Analysen, die wir im Trainertool bereitstellen: Wir nutzen KI, um diese Vorgänge zu automatisieren und sie allen Sportlern, Zuschauern und Trainern bereitstellen zu können.

Marvin Baudewig...

... absolvierte an der Universität Duisburg-Essen den Master in Angewandter Ingenieurinformatik. Während des Studiums arbeitete er bei der Firma mifitto GmbH, wo er für die Entwicklung eines 3D-Scanners zur Vermessung von Füßen im stationären Handel verantwortlich war. Anschließend übernahm er dort bis zur Gründung von soccerwatch.tv die Leitung der Abteilung für 3D-Systeme, die sich mit Themen des maschinellen Sehens und der Künstlichen Intelligenz beschäftigt. Als Mitgründer und Teil der Geschäftsführung der soccerwatch.tv GmbH ist er für den gesamten Technologiebereich zuständig.

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